Sagen

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Es war einmal ein Wiener namens Max, seines Zeichens Absolvent einer FH für Werbung und Verkauf. Er war noch jung und wurde als großes Talent gehandelt. Ihm gelang der Einstieg in eine namhafte Werbeagentur, wo ihm recht viel Freiraum und die Möglichkeit, sich bei den unterschiedlichsten Projekten einzubringen,. gegeben wurde.


Dank elterlicher Unterstützung war Max auch Besitzer einer schmucken Dachgeschosswohnung. Man müsste wohl meinen, dass Max ein zufriedener und glücklicher Teil unserer Gesellschaft wäre, doch Max zählt zu jener Generation, die einen unbändigen Durst nach Starruhm in sich trägt und so träumte er unablässig davon „Austrias next Werbestar“ Besitzer eines Herrnhauses in Grinzing und Fahrer eines Ferrari zu werden. Alles darunter wäre ein Schmarren und könne im besten Falle nur eine kurze Zwischenstation am Wege zum Ruhme darstellen.
Dieser Max erhielt nun eines Tages einen Brief von einem Notar in welchem er über das Testament seines Großvaters in Kenntnis gesetzt wurde, welcher Ihn zum Alleinerben erkoren hatte und ihm seinen Bergbauernhof in Osttirol samt Ländereien vermachte.
Ob dieser Nachricht gewann für einen kurzen Moment das schlechte Gewissen in Max die Oberhand und er dachte darüber nach, dass es wohl in der vierten Volksschule gewesen sein musste, dass er zum letzten Mal ein paar Wochen in den Ferien beim Franzopa verbracht hatte. In Gedanken saß er nochmals neben seinem Großvater, der an einem Engel schnitzte und Ihm Geschichten erzählte. Dem Opa zu Füßen lag der alte, treue Hund Hasso und vor ihnen auf der Wiese grasten friedlich die Milli und die Lisi die zwei Milchkühe.
In diesem Moment saß Max mit verklärtem Blick und einem Lächeln im Gesicht in seinem Wohnzimmer, den Brief des Notars vor sich liegend, doch dann gewann wieder der Geschäftsmann die geistige Oberhand und machte sich sofort daran, zu errechnen wie groß der geerbte Besitz wohl sei und welchen Ertrag diese Erbschaft mit sich brächte. Summa Summarum sollte sich, wenn auch kein Ferrari, doch ein ordentlicher Sportwagen ausgehen.
Da es Ihm zeitlich unmöglich war nach Osttirol zu reisen und sich selbst um die Erledigung der Angelegenheiten zu kümmern beauftragte er den Notar mit der Abwicklung der Trauerfeierlichkeiten sowie mit der Schätzung und dem Verkauf seines Erbes. Als sich jedoch nach einem halben Jahr und nachdem er schon bereit war das Gut zum halben Schätzwert zu verkaufen immer noch kein Interessent dafür gefunden hatte, beschloss er doch die Sache einmal selbst in Augenschein zu nehmen.
Im Tal angekommen besuchte er das Grab seines Opas und nahm sich dann ein Zimmer beim Kirchenwirt, von wo aus er am nächsten Tag zu seiner Hütte aufbrechen wollte. Beim Abendessen nutzte er die Gelegenheit sich beim Wirt über seinen Großvater und darüber, warum niemand seinen Hof kaufen wollte, zu erkundigen.
„Dei Laund is Spitzbarteles Laund,“ erklärte der Wirt „des nemmas da nedamoi gschenkt. Da Fraunz hot dem Spitzbartele a Zehent obgliefat und beide woans es zfriedn, oba d`aundan Bauan wuin nix mit dem Tunda ztoa hom.“
Daraufhin erzählte der Wirt dem Max die Geschichte vom Spitzbartele, der als Jäger gekleidet einst einem armen Bauern zu sieben Wildschweinen verhalf unter der Bedingung das selbiger im gehöre, wenn er in sieben Jahren seinen Namen nicht wüsste. Nach langer Suche begegnete der Bauer kurz vor Ablauf der Frist einem Einsiedler auf dessen Anraten er sich in einer hohlen Eiche versteckte, und so vom Jägersmann folgenden Satz erlauschen konnte „guat das Mandl net woas, dass i Spitzbartele hoas“ Als der Bauer ihm darauf seinen Namen nannte verschwindet der Weidmann mit einem Riesenknall und hinterließ eine vertrocknete Eiche und einen abscheulichen Gestank.
Laut dem Wirten steht jene Eiche auf der Wiese vom Franzbauern und Spitzbartele wohne seither in dem hohlen Stamm, wobei im Ort gemunkelt wurde, dass dieser sich nach dem Tode vom Großvater in der von Max geerbten Hütte einquartiert habe.
Max dankte dem Wirt recht höflich für die Auskunft, glaubte ihm natürlich kein Wort und ging zu Bett.
Wie er tags darauf nach eineinhalbstündiger Wanderung seinen Hof erblickte stutzte er, da Rauch aus dem Kamin aufstieg. Als er nach einem Blick durchs Hüttenfenster eines Jägersmanns ansichtig wurde, welcher gerade Kaffee aufkochte, staunte er nicht schlecht.
„Da woll`n die Dorfleut` einen Spaß mit einem Wiener treiben“ dachte er sich. „ Na ich will`s ihnen nicht gleich verderben und einmal ein wenig mitspielen.“ Er klopfte und fragte ob wohl ein Tässchen Kaffee für ihn übrig sei.
„Is Maxl is ein Maun woan, do schaust di aun, na freilich hob i fia di a Häffal übrig, kimm nua eina“ begrüßte Ihn der Weidmann wie einen alten Bekannten.
Während dem Frühstück erklärte Max dem Mann, dass er der rechtmäßige Erbe dieser Hütte und der zugehörigen Ländereien sei. Er würde natürlich großzügiger Weise über die illegale Inbesitznahme hinweg- und von einer Anzeige absehen, erwarte sich jedoch eine umgehende Räumung. Wenn Interesse an der Immobilie bestehe, könne man sich natürlich sicherlich über einen Verkauf oder eine Verpachtung einig werden.
Der Jäger studierte das ihm gereichte Testament und meinte: „Jo, jo is scho recht. Wos moanst Maxl, wia wolln a Spielchen mochn. Du deafst dreimoi rotn wia i hoas. Wennsd es darots so bin i drausn ausn Haus, fehlst oba keat ois mia und du dazua“
„Obgmocht“ meinte Max, der dies immer noch für ein Spielchen hielt und seinen Spaß daran hatte.
„Hoaßt du epa Adalbert?“ startete er sogleich seinen ersten Versuch
„Na so hoaß i ned“ feixte der Gefragte.
„Daun hoaßt du wohl Bedalbert“
„Na so hoaß i a net“ lachte der Weidmann „und a net Cedalbert ois klane Hüf. Amoi no Maxl daun is gscheng um di.“ sagte er und konnte seine Vorfreude kaum verbergen.
„Na daun kaunst du wohl nuamea dea ollseits bekaunte Spitzbartele sei“ sagte nun der Max und lachte dabei seinerseits.
„Mist, Mist, Mist“ fluchte Spitzbartele noch mit weit aufgerissenen Augen ehe er mit einem Knall verschwand.
Max wurde von dem bestialischen Gestank der zurückblieb in die Knie gezwungen und konnte sich nur mühsam und auf allen Vieren zu der Türe und ins Freie retten. Er blickte sich überall um, konnte den Jäger jedoch nirgends finden, nun kam ihm die Geschichte doch ein wenig seltsam vor.
Nachdem er die Hütte eine Stunde durchgelüftet hatte ging er wieder hinein und setzte sich in Großvaters Schaukelstuhl in der Stube und als er da so saß fiel im plötzlich Alles wieder ein.
Er erinnerte sich wie sein Opa jeden Samstag mit dem Schachbrett unterm Arm zur alten Eiche ging um dort auf einem kleinen Tischchen mit Spitzbartele zu spielen und ihm fielen nach und nach all die Geschichten, Sagen und Märchen ein, die ihm sein Großpapa erzählt hatte.
Da nahm er das große alte Märchenbuch aus dem Regal und fing an zu lesen. Er las bis spät in die Nacht, im Schein einer Öllampe, bis ihm die Augen zufielen und als er am nächsten Morgen erwachte hatte er „die Idee“ .Er würde hier auf seinem Hof das „Maxs´ Sagen und Märchen Land“ erschaffen. Mit Spitzbartele als local hero.
Er befüllte eine Thermoskanne mit Kaffee, klemmte sich das Schachbrett unter den Arm, ging zur Eiche, klopfte an den hohlen Stamm und fragte: „Guten Morgen mein Freund, Samstag ist, wie wär´s mit einer Schachpartie?“ Spitzbartele war zwar noch etwas mürrisch, doch als er den Kaffee roch, kam er doch heraus, setzte sich wortlos an den Tisch und machte seinen ersten Zug.
Nach einer Weile fragte Max: „Kennst du eigentlich Rumpelstilzchen?“
„Wea kennt den net?“ lautete die mürrische Gegenfrage.
„Wer kennt den nicht im Gegensatz zu dir meinst du“ sagte nun Max um Spitzbarteles Ego ein wenig zu kitzeln. „Das ließe sich aber ändern“ fuhr er fort und daraufhin erzählte er von seinem Plan. Spitzbartele war hellauf begeistert und unterschrieb sofort einen Siebenjahresvertrag.
Hierauf durchreiste Max die Alpen und nahm weitere Sagen- und Märchengestalten wie den Winterkölbl und den Betenkrämerhansel unter Vertrag. Danach machte er einen Abstecher ins Riesengebierge um sich auch noch die Dienste von Rübezahl zu sichern. Da der Herr der Berge in der Lage war alle möglichen Gestalten vom Riesen bis zum Baumstumpf anzunehmen war er mannigfaltig einsetzbar und somit für Max unabkömmlich.
Zu guter Letzt schaffte er es sogar den Teufel selbst, von dem ja ungezählte Geschichten erzählen, zur Unterzeichnung eines Vertrages zu bewegen. Dies gelang im natürlich nur mit einer List. Dem Teufel war es jedoch dermaßen peinlich, dass er Max auf den Leim gegangen war, dass er sich strengstes Stillschweigen über die Hintergründe des Zusammenkommens jenes Vertrages ausbedungen hatte.
In dem Park gab es auch noch einen drei Meter hohen gläsernen Berg und alle möglichen Tiere wie Hirsche, Ziegen, Hunde, Adler, Wildschweine und einen schlauen Fuchs. In einem Terrarium gab es ein paar Nattern zu sehen denen mit Hilfe eines kleinen Gummibandes ein Krönchen auf dem Kopf befestigt worden war. Auf einer beigestellten Schautafel konnte man die Geschichte der Kröndlnatter lesen. Eine Hand voll arbeitsloser Schauspieler, als Hexen, Könige, Prinzessinnen, arme Bauern, Müller und Räuber verkleidet, vervollständigte das Team.
Dank Maxs´ Talente und Verbindungen als Werbefachmann gelang es, dass sich am Eröffnungswochenende die Insassen dreier vollbesetzter Reisebusse auf den Weg zur Hütte machten.
Rübezahl verwandelte sich zu Beginn in einen Baustumpf und wartete bis sich jemand auf ihn setzte um dann unvermittelt davonzukullern, später gab er noch den Riesen in der Geschichte vom kleinen Schneiderlein. Der schlaue Fuchs entzückte durch seine Rechenkünste. Die Kinder konnten versuchen den spiegelglatten gläsernen Berg zu erklimmen und nach einem märchenhaften Tag hatten alle noch die Gelegenheit im Souvenirshop, in der Stube der Hütte, Andenken, Märchen- und Sagenbücher zu erwerben
Zum Abschluss des Tages wurde die Geschichte vom Spitzbartele vorgetragen, wobei Max selbst den armen Bauern spielte. Nach dem Verschwinden des Spitzbartele hatten es die Gäste eilig, sich vor dem bestialischen Gestank wieder ins Tal zu flüchten.
Die Besucher waren begeistert und trugen durch Mundpropaganda ihriges zum Erfolg des Parks bei und so kamen die ganze Saison über jedes Wochenende zwei bis drei Busse voll Besucher im Tal an. Die Geschäfte liefen gut.
Man müsste wohl meinen, dass Max nun ein zufriedener und glücklicher Teil unserer Gesellschaft wäre, doch Max zählt zu jener Generation, die einen unbändigen Durst nach Starruhm in sich trägt und so träumte er unablässig davon Besitzer und Leiter eines weltberühmten Funparks zu werden. Alles darunter wäre ein Schmarren und könne im besten Falle nur eine kurze Zwischenstation am Wege zum Ruhme darstellen.
Daher suchte er sich Sponsoren. Mit deren Geldern wurde ein Sessellift vom Tal zur Hütte, eine Sommerrodelbahn, sowie ein riesiger, feuerspeiender Drache errichtet. Durch eine Unzahl von Lautsprechern wurde der gesamte Park, welcher nun „blue ant energy Märchenland sponsert bei Kick-Tipp-Sportwetten“ hieß, mit Musik beschallt. Nun wurden täglich drei Vorstellungen gegeben und an die zehn Reisebusse abgefertigt.
Die Märchenhelden waren von diesen Änderungen keineswegs begeistert. Der Teufel fand bei diesem Programm kaum noch Zeit sich um sein Hauptgeschäft zu kümmern und wie es so spielt, wenn der Chef außer Haus ist, war in der Hölle die Hölle los und auch Rübezahl fand keine Zeit mehr sich um sein Riesengebirge zu kümmern. Doch als sie eines Tages Max darauf ansprachen meinte dieser nur „That´s Showbusiness meine Freunde und wenn ihr eure Verträge nicht einhaltet verklage ich euch bis aufs letzte Hemd“
So setzten sich des Teufels Advokat und der schlaue Fuchs zusammen und prüften die Verträge nach einer Hintertür. Tatsächlich fanden Sie darin eine Zusatzklausel die besagte, dass Ihre Verträge nichtig seien, sollten an einem Wochenendtag weniger als 40 Besucher in den Park kommen.
Daraufhin sorgte Rübezahl für Dauer-Schlechtes-Wetter in Tal und Park und statt in einen Riesen verwandelte er sich nur noch in einen schlechten Schauspieler, welcher stümperhaft versuchte einen Riesen darzustellen.Der Fuchs verlernte das Rechnen und Spitzbartele verschwand geruchslos oder hinterließ an ganz fiesen Tagen sogar einen Duft nach Rosenwasser.
Es dauerte eine Weile bis es sich herumsprach wie lasch das Märchenland geworden war, doch nach 3 Wochen kam ein Samstag an dem nur eine Familie am Parkplatz im Tal eintraf und diese bewegte Rübezahl mit einem kurzen Hagelschauer ebenfalls zur Umkehr. Am Abend knallten alle Sagen- und Märchengestalten wortlos Max ihre Vertrag, in dem besagte Klausel angestrichen war auf den Tisch und waren fort auf Nimmerwiedersehen. Aufgrund der schlechten Geschäfte in den vergangenen Wochen konnte Max auch die Schauspieler nicht mehr bezahlen und so nahmen auch diese noch Reißaus.
Das Märchenland ging in Konkurs, Max wurde von seinen Sponsoren und Geschäftspartnern verklagt und musste zu guter Letzt eine dreijährige Haftstrafe absitzen.
Das Land konnte jedoch auch in den drei Jahren nicht verkauft werden und so erwarb es Max nach seiner Haftentlassung vom Masseverwalter um einen symbolischen Euro retour.
Er zog in seine Hütte, brachte diese auf Vordermann und begann damit sein Land zu bestellen. Er arbeitete jeden Tag von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Nach der ersten Ernte lagerte er ein Zehent bei der alten Eiche, vom Ertrag der restlichen Ernte konnte er sich zwei Hühner und eine Ziege kaufen und er war ein glücklicher und zufriedener Teil unserer Gesellschaft.
Als Spitzbartele den Max so sah, erzählte er seinen alten Kollegen aus dem Märchenpark von Maxs´ Wandel und so kamen sie im Jahr darauf allesamt zum Erntedank und feierten ein fulminantes Fest, zu dem der Höllenfürst selbst den herrlichsten Satansbraten beisteuerte.
Und da Max noch nicht gestorben ist, halten Sie es noch heute so.

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