Malbun in Liechtenstein ist geschaffen für Familienferien. Ein vielseitiges Kinderprogramm und Betreuungsangebote bieten ausserdem Auszeiten für die Eltern. Wer will, kann sich in dieser Gegend auch ohne Animationen erholen.

Von der Landeshauptstadt Vaduz aus fahren wir in steilen Serpentinen aufwärts und gewinnen schnell an Höhe. Die Häuser wirken wie festgeklammert am Berg. Sie sind samt Wald und Wiesen weiss überzuckert. Ein reizvoller Kontrast ist dies zum verwaschen grauen Rheintal tief unten. Toni, unsere 20 Monate alte Tochter, nimmt die Anfahrt schlafend. Und sie verpasst den Eintritt in ein andere Welt: Nach der Fahrt durch den Gnalp Tunnel empfangen uns im Örtchen Steg gleissendes Sonnenlicht und meterhohe Schneemassen. Einige Minuten später haben wir Malbun erreicht, den einzigen Wintersportort Liechtensteins auf 1600 Metern Höhe. Vor uns liegt ein Wochenende in der prachtvollen Winterlandschaft.

Komfort für Wintersportler
"Kommen Sie erstmal an", rät uns der Direktor des Gorfion-Hotels, Tobias Strauss, freundlich zum Empfang. Das heisst Gepäck ausladen, Schlüssel abgeben, der Hausmeister kümmert sich ums Parken. Das Haus gehört zur Fam-Gruppe, eines Vier-Sterne-Unternehmens, das sich für Familienferien profiliert hat. Im verglasten Empfangsbereich reihen sich die hauseigenen sportlichen Kinderwagen aneinander, in einer Sitzecke wippt ein kleines Mädchen auf dem Schoss der Mutter. Schon in wenigen Minuten wird es hier vorbei sein mit der Ruhe, dann heisst es Essen fassen. Und die grossen und kleinen Wintersportler stürmen vom Skiraum heraufeilend das Mittagsbuffet‚ manche noch in Skistiefeln und dick angezogen. Toni ist inzwischen hellwach, tippelt zielstrebig in den Lift und hätte gern den erreichbaren Knopf (für Notfälle) gedrückt. Ich nehm sie auf den Arm und bahne uns einen Weg durch einen der beiden Speisesäle zum Hochstuhl. Mein Mann schnappt Latz und Löffel, Suppe und Salat. Sie löffelt emsig, aber nicht zielsicher. Endlich mal entspannt essen können all jene mit Kindern ab drei Jahren. Diese werden in der so genannten Fantasie-Werkstatt versorgt.

Freundschaften inklusive
Dort, einem grossen Spielzimmer a la Kinderkrippe, geht’s lustig zu. Die Vier- bis Fünfjährigen haben sich in der einwöchigen Skischule kennengelernt. "Der da", sagt ein Blondschopf und zeigt auf seinen Tischnachbarn "isch verliabt". Livio heisst der Enttarnte und er bekennt sich sogleich, die auserwählte Namenlose, an die Wand gedrückt und "aufs Mul geküsst" zu haben. Gelächter in der sechsköpfigen Runde. Immer mal wieder steht einer auf und füllt seinen Teller neu, mit Fischstäbchen, Reis und Gemüse. "Erst leer essen", erinnert die Erzieherin Simone eins der Kinder, das schon vorher aufstehen will. Das eigene Geschirr wegräumen und Hände waschen, erledigen die Kleinen wie selbstverständlich und sind fast schon weg. "Vergesst nicht, dass wir um fünf noch für das Schattentheater heut abend proben wollen", ruft Simone ihnen noch hinterher. Freitag ist letzter Ferientag mit Abschlussfeier. Entsprechend findet auch ein Abschlusslauf der Skischule statt. Einige Stunden später werden rot erhitzte Kindergesichter mit Medaillen in der Hotellobby erscheinen. Dagegen verdrücken sich die Sieglosen mit Tränen in den Augen auf die Zimmer. Familienferien sind ein anspruchsvolles Projekt -vor allem für die Kinder. Und Malbun hat dafür den Boden bereitet.


Kinderschlaf im Tiefschneeparadies: Malbun hat sich ganz auf Familien eingestellt (Bild: Ziegler)

Gezielte Weichenstellung
Im Jahr 2006 erhielt das Gebiet ein Face-Lifting. Im Rahmen eines 26 Millionen Franken Projekts wurden die Liftanlagen erneuert und zwei neue eröffnet, ausserdem die Infrastruktur kindgerecht verbessert, z.B. mit dem Malbi-Park. Mein Rundgang führt mich zu dem betreuten Übungshang mit Geräten für kleine Neulinge auf den Brettern. Die niedliche Wortneuschöpfung verrät die touristische Zielgruppe. Familien mit Kindern zog es früh schon wegen der Kleinräumigkeit in diesen Ort, der am Ende eines Hochtals liegt. Am Ortseingang steht mit dem Alpenkurhaus ein Meilenstein des Tourismus. Das 1908 erbaute Gebäude versorgte als erstes Skifahrer und Tourengeher. Seine historische Gestalt mit der Holzfassade ist weitgehend erhalten geblieben. Im Innern erinnern Zeitungsausschnitte an die wegbereitende Funktion seiner Besitzerin Maria Schroth-HIlti , die in den Dreissiger Jahren erste Skireisen organisierte. Denn früher gings nur zu Fuss herauf. Während der Kriegsjahre wurde es still hier oben. Erst die Eröffnung des Gnalp-Tunnels 1947 erleichterte die Anreise und kurbelte den Skilauf wieder an. Ein richtiggehender Durchbruch erfolgte ab 1962 als der erste Schlepplift seinen Betrieb aufnahm. Die Zahl der Übernachtungen wie der Unterkünfte stieg an.

Einst Viehweide...
Vier Hotels gibt es im Dorfkern, alle sind auf Familien ausgerichtet. Es herrscht ein verträgliches Durcheinander von Häusern verschiedener Baustile. Nicht hässlich, aber auch nicht harmonisch. Eine eigentliche Mitte fehlt. "Malbun war nie eine Wohngemeinde, die Bauern hatten ihren Stall hier oben", sagt Martha Bühler, im benachbarten Triesenberg geboren. Bühler zog als erste Frau für Liechtenstein 1968 in die Olympischen Winterspiele nach Grenoble. Das zieht noch immer Gäste in ihren Stall namens Engelburg. Und zwar wegen Bühlers weithin bekannter Chäsknöpfli. Den Namen Engelburg hatten St. Galler Wintergäste aus dem gleichnamigen Stadtteil einst gegeben, weil es hier ebenso schön sei. "Meine Eltern waren in den Fünfziger Jahren froh, wenn sie die Räume überm Stall vermieten konnten, heute würde für die einfache Behausung keiner was bezahlen", meint die Wirtin. Doch die Besucher reservieren gern einen Tisch für den Abend. Denn im kleinen urigen Stall haben gerade mal sechs davon Platz. Auch die Liechtensteiner selbst sind hier zu Gast. Sie wärmen vor allem in den Wintermonaten die Betten in den kleinen Chalets zum Talende hin.

...heute Feriendestination
Doch mit den Zweitwohnungen ist vor allem sommers kaum Geld zu verdienen. Auf rund ein Dutzend Einwohner kommen 700 Betten. Und die Nachfrage steigt. Ein Kompromiss stellt nun der geplante Bau eines Jufa-Gästehauses mit 150 Betten dar. Die Drei-Stern-Kette wirbt mit einem besonderen Preis-Leistungsverhältnis, sie hat aber keinen eigenen Restaurantbetrieb. Mit dem ebenfalls familienfreundlichen Haus festigt Malbun auch zukünftig seine Rahmenbedingungen für die Auszeichnung "Familien Willkommen", einem Schweizer Gütesigel. Dies verlangt mit Spielplätzen und Unterkünften eine familienfreundliche Infrastruktur, wie auch besondere Dienstleistungen durch Kinderbetreuung und Pauschalangebote. Ausserdem sollen Themenwege, und ein breites Sport- und Kulturangebot besondere Erlebnisse garantieren. Toni ahnt nichts davon, welchen Wirtschaftsfaktor sie darstellt. Sie ist an Papas Hand in der Nachmittagsbetreuung angekommen. "Rutschen hat ihr am meisten Spass gemacht", berichtet die freundliche Erzieherin Simone. Derweil durfte sich auch der Papa entfernen. Zwei Erzieherinnen kümmern sich morgens und nachmittags bis 16 Uhr liebevoll um die Kleinsten. Dann sind die grösseren Kinder dran. Toni sitzt mit roter Wange und Nase vor mir. Bei minus zwölf Grad muss man beweglich bleiben. Aber unsere Tochter lässt sich lieber auf dem Schlitten ziehen. Derart angespornt, nahm auch die zweijährige Delia hinter ihr Platz. Aber Toni friert und weint.

Service für die Grossen
Wir gehen rauf aufs Zimmer. Unsere Kleine macht sich sofort dran, die Reisetaschen auszuräumen. Mein Mann bemerkt als Innenarchitekt anerkennend die geschmackvolle holzvertäfelte Einrichtung mit den eingebauten Stockbetten. Dann fällt sein prüfender Blick aufs Babyfon, ein Reisebett steht bereit, die Nacht kann kommen. Vorher dürfen wir uns an den gedeckten Tisch setzen. Toni bahnt sich dafür einen Weg zwischen Tischen und Fluren und Ihresgleichen, die hier herumwuseln und -lärmen. In dieser Nacht wird sie dank Höhenluft 13 Stunden schlafen -eine Seltenheit. Wir geniessen derweil unser Hauptgericht. Der freundliche Kellner hatte die Servierung des Fünf-Gang-Menüs aufgeschoben, bis die Kleine im Bett war. Aber nicht alle Gäste sind mit dem Service zufrieden. "Der selbst gekochte Brei kam sehr spät, als er bereits kalt war, folgten Latz und Löffel", beklagt sich eine junge Schweizerin am Nachbartisch. Ausserdem funktioniere auch das Babyfon des Hotels nicht. "Heute läuft irgendwie alles schief", bilanziert ihr Mann den ersten Ferientag. Deren gemeinsame zehnmonatige Tochter indes blickt putzmunter in die Runde. Zwei müde Elternpaare wünschen sich um neun Uhr abends eine gute Nacht.

Ohne Aktivitäten geht gar nichts
Am nächsten Morgen lockt strahlender Sonnenschein vorm Fenster. Den Ausschlafservice des Hotels für die Kleine haben wir vergessen. Nach einer Kuschelrunde zu dritt nehmen wir ein schnelles Frühstück vom Buffett. "Wir wollen nicht, dass Sie Ferien von, sondern mit ihren Kindern machen", klärt mich der Direktor Tobias Strauss beim anschliessenden Gespräch über das Firmenmotto auf. Insgesamt vier Häuser betreibt die Familie Schwärzler, die restlichen drei in Österreich. Mit 68 Betten ist das Gorfion nicht nur das grösste der vier Hotels am Platz, sondern auch im gesamten Fürstentum. Dieses Jahr feiert die Fam-Gruppe ihr zehnjähriges Jubiläum. "Auf dem Markt muss man sich profilieren", so Strauss. Babyfon, Brei, Wickeltisch und Reisebett sind in Familienhotels üblich. Fam bietet zusätzlich hauseigene Kinderbetreuung ab einem Jahr. Ausserdem gibt’s jede Menge Spezialangebote, wie etwa die Schnullerwoche mit Babymassage und Gebärdensprache. Im Sommerhalbjahr locken besondere Ausflüge etwa zur Ernte beim Biobauern mit anschliessendem Kochworkshop. Die buchbaren Gemeinschaftserlebnisse sind sommers für einen Durchschnittsgeldbeutel erschwinglich, im Winter dagegen ist man pro Person und Woche mit durchschnittlich 1250 Franken dabei. Kinder jeden Alters zahlen 120 Franken die Woche. "Die wichtigste Zeit im Jahr darf was kosten", meint Strauss.

Eine Frage des Geldes...
Das finden die vielen Stammgäste auch, die seit fast einem Jahrzehnt anreisen. Darunter ist auch ein Werftbesitzer aus Berlin. Er weilt zum vierten Mal hier, zusammen mit zwei Teenagern und dem acht Monate alten Karl Friedrich. Dieser tummelt sich zusammen mit unserer Toni auf der Kinderrutsche im Spielzimmer. Für die Kinder sei der Ort ideal. Piste und Skischule liegen direkt vorm Hotel, verirren kann sich hier keins. "Die einen arbeiten sich zu Tode, die anderen gönnen sich was", meint er in schönstem Berlinerisch. Aber das einwöchige "FamSoGut-Paket" ist nicht nur eine Frage der persönlichen Einstellung. "Wir könnten uns das nicht leisten", sagt die Mutter vom Vorabend. Zwar verdiene ihr Mann als Informatiker gut und sie noch etwas hinzu, aber dieses Preisniveau sei doch auf Zürcher Bankiersgehälter zugeschnitten. Später, im Malbi-Park, komme ich mit einer Liechtensteinerin ins Gespräch, die zusammen mit Mann und zwei Kleinen eine Ferienwohnung gemietet hat. Kostenpunkt: täglich 100 Franken. Die Mutter des kleinen Arthur, eine Französin, wählte mit einer befreundeten Familie das Chalet. "Wir wechseln uns mit der Kinderbetreuung ab." Ihr Mann komme seit 40 Jahren zum Skilaufen hierher. Die Veränderungen sieht er nicht nur positiv. Inzwischen gäbe es keinen Supermarkt mehr, auch die Discotheken seien verschwunden. "Man muss früh buchen, wenn man individuell unterkommen möchte."

....und des Ehrgeizes
Gar nicht individuell geht’s bezüglich der Feriengestaltung zu. Skilaufen gehört zu den Winterferien wie das Amen in der Kirche. Eine Vierjährige bewegt sich am Übungshang nicht mehr vom Fleck. Ihre Mutter bleibt erstmal hart. "Wir sind heut erst angekommen", klärt sich mich fast entschuldigend auf, als sie meinem verwunderten Blick begegnet. Auf der Piste beobachte ich ähnliche Szenen. Ich treffe kein Kind im skifähigen Alter, das nicht auf den Skiern steht. "Er mag nicht mehr", sagt auch die Liechtensteinerin über ihren Vierjährigen, der mit dem Papa in die Wohnung gegangen sei. Familienferien sind ein ehrgeiziges Projekt. Das bestätigt auch mein Mann, als er von der Piste zurückkehrt. "Die Ausstattung der Kleinsten ist vom Feinsten." Noch mehr beeindruckt ihn aber der tolle Pulverschnee. Zu gern hätte er noch einige Schleifen gezogen! Familienferien sind kein einfaches Programm, aber wir können uns einigen.

Es geht auch anders
Die weisse Pracht lockt uns drei zum Märchenweg von Lisa und Max, einem der verschiedenen Themenwege für Kinder. Toni nimmt, warm eingehüllt, auf dem Schlitten Platz und fällt unversehens in Schlaf. Wir folgen dem Wanderweg am Ortseingang steil bergan. In wenigen Minuten haben wir den Wald erreicht, wir sind die einzigen -fast. Vor uns schält sich eine Gämse aus dem verschneiten Dickicht hervor. Wir nähern uns ihr bis auf wenige Meter und wissen nicht, wer neugieriger ist. Rund eine halbe Stunde begegnen wir einem weiteren, so zutraulichen Tier. Andächtig lauschen wir der Stille ringsum. Die Nadelbäume tragen weiche, weisse Hauben. Nach einer Stunde erreichen wir den Scheitelpunkt der Wanderung. Von hier öffnet sich der Blick auf Malbun. Wie hingetupft ruhen die Häuser, enger in der Dorfmitte, verstreut nur noch zum Talende hin. Auf die ausgedehnte Schlittenfahrt zurück müssen wir verzichten. Es dämmert bereits. Wir treten den Rückweg an -diesmal glücklich ohne Animation.
Abends in der Bar treffen wir die Schweizer Eltern wieder. "Heute lief alles glatt", sagt die Mutter. Doch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt für das Paar dennoch nicht. Das könne man ohne grosses Marketing billiger haben. Aber den Service, das Kind mal für einige Zeit in gute Hände abgeben zu können, wissen auch Sie zu schätzen.


Fakten zu Malbun:

Malbun 1600 -2000 m Höhe
23 km Pisten vor allem der leichten Kategorie
Funkpark, Kinderskiland
ausserdem rd. 15 km Loipen und 20 km Winterwanderwege

Im Sommer: 400 km Wandwege, organisierte Mehrtageswanderungen, Greifvogelschau, Seilpark im Forst, Vergnügungspark und Bademöglichkeiten, teilweise im Erlebnispass inb. Der Städtlezug "Citytrain" fährt in 12 min. nach Vaduz

FamSoGut Pauschalangebot im FamHotel Gorfion, incl. HP mit Snack, Kinderbetreuung, und Wellnessbereich, Kinderskischule separat buchbar, Bonuswochen beachten. http://gorfion.s-hotels.com/familienhotel-kinderhotel